Um es schon mal vorweg zu nehmen nein – und es gibt sie trotzdem. Daher möchte ich in diesem Artikel darauf eingehen, was es mit solchen (und ich schreibe das jetzt extra in Anführungsstrichen) „ISO 9001 Zertifizierungen“ auf sich hat und was man davon halten soll.
Vor einigen Tagen führte ich ein sehr langes Gespräch mit einem Unternehmen, welches nach ISO 9001 zertifiziert ist. Als ISO 9001 Berater wurde ich dann gefragt, was bringt Qualitätsmanagement einem Unternehmen eigentlich für einen Vorteil? Meine Antwort war relativ verblüfft, dass es dem Unternehmen doch bekannt sein müsste, weil es ja augenscheinlich selber ein Qualitätsmanagementsystem hat und nach ISO 9001 zertifiziert ist. Antwort des Unternehmens: Wir haben das nur gemacht, weil es so günstig und so problemlos war. Da wurde ich dann hellhörig, fragte nach und bekam folgende Informationen:
Das Unternehmen hat für die ISO 9001 Zertifizierung komplett (also Beratung und Zertifizierung) 600 Euro bezahlt. Der Beratungsteil bestand darin, dass dem Unternehmen ein Qualitätsmanagementhandbuch (natürlich ein Musterhandbuch) zugesendet wurde, welches sofort im Aktenschrank verschwand. Die Zertifizierung bestand aus der Zusendung des ISO 9001 Zertifikats. Kein Auditor hat dieses Unternehmen je geprüft und besucht. Und natürlich geschah beides (Zusendung des Musterhandbuches und des ISO 9001 Zertifikats) durch ein und dasselbe Unternehmen. Daraufhin musste ich dem Unternehmen dann die Informationen des folgenden Absatzes geben.
Eine Zertifizierung für 600€ ist nicht möglich
Wenn wir mal außen vor lassen, dass die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen vor der ISO 9001 Zertifizierung einen Beratungsbedarf durch einen externen Berater haben, bleiben immer noch die Kosten der reinen Zertifizierung, die bei einem akkreditierten Zertifizierer bei deutlich über 600€ liegen.
Was ist ein akkreditierter Zertifizierer? Die DAkks (Deutsche Akkreditierungsstelle) überwacht, prüft und listet alle Zertifizierer, die ein (allgemein gültiges ISO 9001) Zertifikat ausstellen dürfen. Die akkreditierten Zertifizierer kann man auf der Internetseite der DAkkS herausfinden, bzw. man erkennt Sie auch an der Akkreditierungsnummer (D-ZM).
Hat ein Zertifizierer diese Nummer nicht, bzw. ist nicht bei der DAkkS gelistet (wie in dem oben genannten Beispiel), dann kann es einem gut und gerne passieren, dass man von seinem Kunden bei Vorlage des Zertifikates nur ein müdes Lächeln erntet. Denn dieses Zertifikat ist nicht das Papier wert, auf dem es gedruckt ist.
Wie kann man bei oben genannter Vorgehensweise davon ausgehen, dass das Zertifikat anerkannt ist? Man hat selber keinerlei Arbeit in sein Qualitätsmanagement investiert und die Prüfung, ob das Unternehmen wirklich auch ein Qualitätsmanagement nach der DIN EN ISO 9001:2008 anwendet, war gleich null.
Die ist bei einem akkreditierten Zertifizierer aufgrund der Überwachung durch die DAkkS völlig anders.
Wie ist der Ablauf einer Zertifizierung bei einem akkreditierten Zertifizierer?
Nehmen wir einmal an, ein Unternehmen hat (aus eigener Kraft oder mit Hilfe eines externen Beraters) ein Qualitätsmanagement implementiert/dokumentiert und möchte dies nach ISO 9001 zertifizieren lassen. Dann wird im ersten Schritt die Qualitätsmanagementdokumentation an die Zertifizierungsgesellschaft gesendet. Diese überprüft das Qualitätsmanagementhandbuch und die mitgeltenden Dokumente auf Normkonformität zur ISO 9001. Nur wenn dieses Qualitätsmanagementhandbuch den Anforderungen der ISO 9001 entspricht, kommt es zum zweiten Schritt der Zertifizierung, dem Vor-Ort-Zertifizierungsaudit. Dabei prüft ein Auditor der Zertifizierungsgesellschaft im Unternehmen vor Ort, ob das Qualitätsmanagement auch so durchgeführt wird, wie es im Qualitätsmanagementhandbuch beschrieben wurde. Er lässt sich zum Beispiel zeigen ob die Prozesse der Korrekturmaßnahmen so durchgeführt werden, wie im Handbuch beschrieben. Dabei verlässt er sich natürlich nicht nur auf nette Worte, sondern möchte auch Aufzeichnungen dazu sehen. Zum Beispiel ein Maßnahmenprotokoll, anhand dessen eine Fehlerursache ermittelt und abgestellt wurde, damit dieser Fehler nicht erneut auftritt. Diese Prüfung ist sehr aufwendig und dauert selbst bei einem kleineren Unternehmen einen Tag. Und auch nur wenn diese Prüfung erfolgreich bestanden wurde, bekommt das Unternehmen ein ISO 9001 Zertifikat von einer akkreditierten Zertifizierungsgesellschaft. Dieses ist dann allgemein gültig und kann auch mit einem guten Gewissen bei Kunden vorgelegt werden!
Fazit
Ich glaube die beiden oben genannten Vorgehensweisen bei der Erlangung einer ISO 9001 Zertifizierung sind unterschiedlich genug, als dass sie hier nochmal genauer erläutert werden. Nur noch ein kurzes Beispiel, weil ich Qualitätsmanagement und die ISO 9001 gerne mit der Erlangung eines Führerscheins vergleiche: Wenn Ihr Nachbar Ihnen erzählen würde, dass er nie in der Fahrschule war, sondern diese ihm einfach einige Informationen zu Verkehrsregeln zugesendet hat und er automatisch nach 3 Wochen von der Fahrschule den Führschein per Post bekommen hätte. Würden Sie Ihm glauben, dass er in der Lage, ist ein Auto sicher und den Regeln angemessen durch den Verkehr zu lenken?
Dieser Beitrag wurde geschrieben von Michael Thode